Anforderungen an Heimladestationen

Die passende Wallbox für die Zukunft – was sollte sie können?

21. Februar 2023, 8:30 Uhr | Autoren: Dario Burghof und Max Dobrohlaw / Redaktion: Diana Künstler
E-Mobilität, E-Auto laden
© foottoo / 123rf

Moderne Wallboxen sind viel mehr als eine „Steckdose“ für E-Autos. Neben der Fahrzeugkommunikation müssen immer mehr rechtliche, technische und administrative Anforderungen berücksichtigt werden: vom solaroptimierten Laden über dynamische Regelung des Ladevorgangs bis hin zur Dienstwagenabrechnung.

Der Artikel beantwortet unter anderem folgende Fragen:

  • Warum gewinnen Heimspeicher an Bedeutung?
  • Wie lassen sich PV-Anlage und Wallbox kombinieren?
  • Wie lässt sich der Dienstwagen rechtlich korrekt zuhause laden?
  • Was genau gilt es bei Heimladestationen 2023 zu beachten?
  • Welche Ziele verfolgt der Gesetzgeber in Hinblick auf Steuerbarkeit von Heimladestationen und warum?
  • Was kann ein übergreifenden Home Energy Managament System (HEMS) leisten?
  • Auf welche Zukunftsthemen sollten Wallboxen vorbereitet sein?

Mit der Zielsetzung, dass Europa der erste klimaneutrale Kontinent werden will, ist die Elektrifizierung von Haushalten und sonstigen Gebäuden mit erneuerbaren Energien unmittelbar verbunden. Der Trend lautet: Die Energie dort verbrauchen, wo sie – etwa durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Einfamilienhauses – erzeugt wird. Hier stehen wir noch am Anfang, aber der erste Schritt ist getan. Als die weit größere Aufgabe entpuppt sich inzwischen die als Sektorenkopplung bezeichnete zeitgleiche Elektrifizierung von Wärme durch Wärmepumpen oder Heizstäbe und Mobilität, etwa per Elektroauto.

Haushalte, die an der Maximierung ihres Eigenverbrauchs arbeiten, setzen im all-elektrischen Haus auf größere Photovoltaikanlagen zwischen zehn und 15 Kilowatt Peak, wobei die vorhandene Dachfläche tendenziell vollständig ausgenutzt wird. Dieser Trend zu größeren Anlagen ist in den Statistiken nachweisbar. Daneben sorgen rasant steigende Strompreise, speziell bei Neuverträgen, für die wachsende Wirtschaftlichkeit von Heimspeichern. Die Folge: Ein großer Teil neuer PV-Anlagen wird direkt mit Heimspeicher installiert. Und auch deren Leistungskennzahlen verändern sich stetig: Neben der Kapazität, die inzwischen oft zehn Kilowattstunden übersteigt, steigt auch die Ausgangsleistung der Stromspeicher, um den ebenfalls steigenden Bedarf von Wärmepumpen oder Heimladestationen abdecken zu können.

Aber auch im Nachrüstmarkt wird es immer attraktiver, aus einer Volleinspeise-Anlage eine auf maximalen Eigenverbrauch optimierte Lösung zu machen. Hauptgrund ist die hohe Differenz zwischen Einspeisevergütung und Netzbezugskosten – wenngleich die im Jahr 2022 wieder leicht angehobene Einspeisevergütung die Attraktivität des Eigenverbrauchs etwas dämpft.

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Automatische Umschaltung zwischen 1- und 3-phasiger Ladung

Besonders günstig und intelligent wird die Ladung des E-Fahrzeugs, wenn PV-Anlage und Wallbox so kombiniert werden, dass kein zusätzlicher Bezug von Strom aus dem öffentlichen Netz nötig ist und trotzdem hohe Ladeleistungen von 11 oder sogar 22 Kilowatt ermöglicht werden – Stichwort solaroptimiertes Laden. Technisch realisiert wird ein solch intelligentes Zusammenspiel durch die Kopplung der Wallbox an ein Heimenergiemanagementsystem (HEMS). Bisheriger Wermutstropfen: Die Einschränkung durch den Mindeststrom-Bezug von 6 Ampere pro Phase (nachIEC 61851). Beim üblichen dreiphasigen Wallbox-Anschluss bedeutet das: Um überhaupt eine Ladung überhaupt zu starten, muss eine Leistung von mindestens 4,1 Kilowatt vorhanden sein.

Gerade in den Morgen- und Abendstunden, wenn der Überschuss aus PV-Anlagen häufig geringer ausfällt, nutzen moderne Wallboxen eine automatische Umschaltung zwischen ein- und dreiphasiger Ladung – um dennoch solaroptimiert laden und den Anteil des selbst genutzten PV-Stroms bestmöglich maximieren zu können. Diese dynamische Umschaltung erlaubt den Wechsel in den einphasigen Betrieb, um den Ladevorgang bereits mit 1,4 Kilowatt Ladeleistung starten zu können.

Dienstwagen zuhause laden

Eine zukunftsfähige Wallbox sollte zudem mit einer MID- oder eichrechtskonformen Messung ausgestattet sein, damit Ladevorgänge mit dem Dienstwagen steuerlich abgerechnet werden können. Denn den heimischen Überschussstrom zum Nachladen zu verwenden, ist in der Regel günstiger, als ausschließlich auf dem Parkplatz des Arbeitgebers zu laden. Ein weiterer Vorteil: Gegenüber Arbeitgeber und Finanzamt darf auch bei einer Ladung mit PV-Strom der Netzbezugspreis des geladenen Stroms angerechnet werden.

Dynamische Steuerung der Ladeleistung

Derzeit arbeitet die Bundesnetzagentur an Vorgaben in Bezug auf dynamische Stromtarife und „Steuerbare Verbrauchseinrichtungen“, zu denen auch Stromspeicher und nicht-öffentlich zugängliche Ladepunkte zählen. Kernziel einer Steuerbarkeit – etwa von Heimladestationen – ist es, Überlastungen im Verteilnetz zu verhindern. Daher soll jeder Netzbetreiber diese Möglichkeit – Stand heute – bereits ab 1.1.2024 erhalten.

Ein weiteres Ziel des Gesetzgebers ist es, den Komfortverlust für Wallbox-Besitzer so gering wie möglich zu halten. Daher soll für neu errichtete Wallboxen die Wahlmöglichkeit zwischen Einzel- und Prosumer-Steuerung gegeben sein. Bei Letzterem sorgt das Heim-Energie-Management-System (HEMS) dafür, dass am Netzanschlusspunkt die Mindestbezugsleistung von fünf Kilowatt nicht überschritten wird. Bei der Einzelsteuerung gilt es eine wichtige technische Anforderung an die Heimladestation zu berücksichtigen. Denn diese muss bei Nutzung des dynamischen Steuerns auf 3,7 Kilowatt begrenzbar sein – damit lassen sich in drei Stunden immer noch 50 Kilometer Reichweite laden. Die meisten dreiphasigen Wallboxen können nur auf 4,1 Kilowatt heruntergeregelt werden und müssten – nach der neuen Regelung – somit ganz abgeschaltet werden. Moderne Wallboxen mit intelligenter Phasenumschaltung hingegen können hier ihren Vorteil ausspielen und die Ladeleistung auf einphasige 3,7 Kilowatt und weniger begrenzen, um weiterhin die Ladung zu ermöglichen.

Laut entsprechender Gesetzesentwürfe müssen ab 2024 alle steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen, Speicher und Wallboxen den genannten technischen Anforderungen genügen. Im Gegenzug (für die theoretische Möglichkeit der Leistungsreduktion) erhält der Endkunde einen voraussichtlich bundesweit einheitlichen Rabatt auf die Netzentgelte.

Energiemanagement optimiert Ökosystem

Diese künftigen Anforderungen des Gesetzgebers an nicht-öffentliche Ladestationen machen deutlich, dass es vorteilhaft ist, wenn Wallbox, Heimspeicher und PV-Anlage von einem übergreifenden HEMS (Home Energy Managament System) nach den Prioritäten des jeweiligen Hausbesitzers gesteuert werden. Denn hiermit kann die beschriebene Einzelsteuerung der Wallbox effektiv vermieden werden. Das HEMS kann beispielsweise explizit verhindern oder zulassen, dass der Heimspeicher Ladevorgänge unterstützt. Zudem stellt ein optimiertes HEMS sicher, dass keine gegensätzlich wirkenden Einstellungen vorgenommen werden. Denn es agiert übergreifend und passt perfekt zum Anbieter aller Komponenten aus dem Ökosystem. Ein äußerst wichtiger Regelmechanismus beim Thema Effizienz und Reduktion von Energiewende-Kosten allgemein.

Aktuell herrscht bei den Steuerungs- und Visualisierungsmöglichkeiten der einzelnen Komponenten häufig ein regelrechter Wildwuchs: Neben der Heimspeicher-App gibt es oft noch separate Anwendungen für HEMS, Wallbox oder Elektroauto – wohingegen die Anforderungen der Kunden bereits ganz klar sind: Sie wollen ihre Geräte möglichst über eine zentrale App für Smartphone, Tablet oder PC bündeln und steuern können, um alle Werte jederzeit im Blick zu haben, was eine schnelle Nachjustierung erleichtert.

Autoren Senec
Max Dobrohlaw (links), Jr. Product Manager Home Charging & E-Mobility, und Dario Burghof, Product Manager Home Charging & E-Mobility, bei Senec
© Senec

Schlussendlich müssen Wallboxen auch auf Zukunftsthemen wie bidirektionales Laden vorbereitet sein. Der nächste Schritt hierbei wird zunächst die Optimierung des unidirektionalen Ladens sein – beispielsweise realisiert durch 1/3-Phasenumschaltung. Perspektivisch gefolgt vom bidirektionalen Laden, etwa durch Vehicle-to-Home oder Vehicle-to-Grid. Der aktuelle Status quo ist noch von einer Vielzahl normativer und rechtlicher Hürden limitiert, weil etwa die Protokolle nur teilweise oder unvollständig standardisiert sind. Auch rechtliche Fragen müssen beantwortet werden: Was passiert, wenn beispielsweise unterwegs nicht ausschließlich Ökostrom geladen und dieser anschließend zuhause eingespeist wird? Was passiert mit zum Beispiel steuerlich vergünstigtem Ladestrom beim Arbeitgeber? Es bleibt auf jeden Fall spannend, denn das Entwicklungspotenzial bleibt hoch.

Zuerst erschienen auf funkschau.de


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