Human Centric Lighting

„Licht interagiert direkt mit der Gesundheit der Mitarbeiter“

1. April 2021, 7:16 Uhr | Antje Müller
© Ledvance

Fitness und Leistungsfähigkeit ohne Tageslicht wahren, um Produktionswerte aufrecht zu erhalten, ist gerade für Schichtarbeiter ein schweres Los. Wie kann Human Centric Lighting zur Gesundheit beitragen? Smarthouse Pro im Gespräch mit Dieter Lang, Experte für HCL bei Ledvance.

Smarthouse Pro: Wo sehen Sie Potenziale von biologisch wirksamen Licht beziehungsweise bei Lichtkonzepten des Human Centric Lighting (HCL)?

Dieter Lang: HCL hat bei richtigem Einsatz für einen Großteil der Bevölkerung ein sehr hohes Potenzial. Nicht nur für die Arbeitnehmer, sondern überall dort, wo man fit und leistungsfähig sein möchte. In Zeiten wie etwa dem Lock-down kann Licht zum Beipiel im Homeoffice eine Struktur einbringen und den Tag unterstützen.

Smarthouse Pro: Für wen sind HCL-Konzepte besonders geeignet?

Lang: Human Centric Lighting ist eher die Lösung für Leute, die einen weitgehend normalen Tag-Nacht-Rhythmus haben. Für Menschen, die zwar am Tag arbeiten, aber häufig unter Ausschluss von Tageslicht. Hier kann HCL entgegenwirken. Indem es die Funktionen vom Tageslicht übernimmt, stärkt es unseren Tag-Nacht-Rhythmus, unsere Aktivität am Tag und auch insgesamt das ganze biologische System. Es wird mit HCL stabiler gemacht.

Smarthouse Pro: Und was ist im Detail bei der Lichtwirkung am Arbeitsplatz zu beachten?

Lang: Der Mensch ist ein tagaktives Lebewesen und braucht am Tag viel Licht, am besten Tageslicht. Das heißt, an Tagen mit „zu viel Licht“ kann gar nichts passieren. Je mehr, desto besser. Man muss die Natur aber nicht eins zu eins nachempfinden. Im Büro braucht man keine 10.000 und auch keine 5.000 Lux. Ganz anders ist es nachts, wenn der Körper eigentlich auf Schlafen eingestellt ist, plötzlich aber helles Licht auftritt. Dann wird dem Körper vorgespielt, es wäre Tag. Damit kommt der Tag-Nacht-Rhythmus durcheinander. Zwei Stunden vor der Zeit, zu der ich normalerweise ins Bett gehe und schlafen möchte, sollte ich auf dieses helle Licht mit hohen Blauanteilen verzichten, sonst fällt der Melatoninspiegel durch die Lichtexposition so stark ab, dass die Müdigkeit einfach fehlt.

Smarthouse Pro: Vor welchen Herausforderungen stehen insbesondere Schichtarbeiter und was bedeutet für sie diese ständige künstliche Lichteinwirkung?

Lang: Schlaf ist so wichtig wie gesunde Ernährung. Wer nicht genug Schlaf hat, wird krank. Schichtarbeiter haben nie die Situation, dass sie ihrem eigenen Gefühl folgen können, wann sie müde sind oder sie schlafen können, wann sie fit und leistungsfähig sind. Das gibt ein Gefühl von Jet-Lag. Es gibt zwar viele Regeln und Arbeitsschutzrichtlinien, aber diejenigen, die das fünfzehn, zwanzig Jahre gemacht haben, werden mit einer sehr viel höheren Wahrscheinlichkeit krank. Sie leiden unter anderem häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Krebs. Sie rauchen und trinken deutlich mehr. Meistens liegt ihr Body-Mass-Index auch ein paar Punkte über dem Normalwert, was mit der unregelmäßigen Ernährung zusammenhängt.

Smarthouse Pro: Kann hier HCL eine Lösung sein?

Lang: HCL ist keine Wunderlösung für Schichtarbeiter.
Es kann die oben genannten Probleme, die mit der Schichtarbeit verbunden sind, nicht lösen. Insbesondere die Nachtschicht ist kritisch. Der Schichtarbeiter ist immer wieder und unregelmäßig hellem Licht ausgesetzt. Nicht nur bei der Arbeit, sondern auch auf dem Weg nach Hause. Man kann mit angepasstem Licht versuchen, gegenzusteuern und dieses helle, störende Licht zur falschen Zeit vermeiden. Aber es gibt keine allgemeine Regel dafür. In der DIN SPEC 67600 als Empfehlung für die Lichtplanung hat man extra den Bereich Schichtarbeit ausgenommen, weil er so vielfältig ist. Im Prinzip muss HCL für jede Gruppe von Schichtarbeitern ganz speziell geplant werden. Von einer allgemeinen gültigen Empfehlung für die sinnvolle Lichtgestaltung bei Schichtarbeit ist man im Moment noch relativ weit weg.


  1. „Licht interagiert direkt mit der Gesundheit der Mitarbeiter“
  2. „HCL ist keine Lösung für jedes Problem. Jede Person oder jede Kleingruppe bräuchte eine individuelle Lösung.“

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