Immobilienbranche braucht Klimaschutz

Digitalisierung und KI ebnen den Weg

4. Juni 2020, 9:30 Uhr | Antje Müller
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Trotz Einschränkungen im öffentlichen Leben darf in der Immobilienwirtschaft der Klimaschutz nicht aus den Augen verloren werden. Smart Buildings machen hier bereits einen Anfang und zeigen wie mehr Digitalisierung, Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit zur Energiewende beitragen können.

Die Einschränkungen im öffentlichen Leben durch die Corona-Krise stellen die Wirtschaft vor bisher unbekannte Herausforderungen. Die Diskussion um die notwendige Ankurbelung der Konjunktur sei dabei eine logische Folge: „Gerade jetzt merken wir, dass wir in der Digitalisierung noch enormen Nachholbedarf haben. Daher müssen Geschäftsmodelle branchenübergreifend digital ausgebaut werden, um den Standort Deutschland zu stärken und für die Zukunft wettbewerbsfähig aufzustellen“, so Matthias Hartmann, CEO bei Techem.

Digitalisierung ist Treiber und notwendige Konsequenz

Effizienz und nachhaltiger Klimaschutz sind Aspekte, die auch in der Immobilienwirtschaft immer stärker in den Vordergrund drängen. In diesem Prozess ist die Digitalisierung zugleich Treiber und notwendige Konsequenz, aus der Krise gestärkt hervorzutreten. Dabei ebnet künstliche Intelligenz (KI) neue Wege, um CO2-Emissionen und den Primärenergieverbrauch zu verringern. KI bietet ein großes Potential für eine intelligente Verknüpfung und Steuerung verschiedener Sektoren und kann damit zu Prozessoptimierungen und Kosteneinsparungen auf der Anwenderseite führen. In Smart Buildings setzt künstliche Intelligenz bereits in der Immobilienwirtschaft an. Beispielsweise können intelligente Systeme die Leistung der Belüftungsanlage der im Raum befindlichen Personen anpassen. Durch Sensorik wird zum Beispiel die Instandhaltung von Gebäuden automatisiert. Schimmel kann frühzeitig erkannt und Abnutzung verhindert werden. Vernetzte Zutrittskontrolle erhöht die Gebäudesicherheit. Die Zukunftsvision von Bürogebäuden beinhaltet ein selbstständiges System, das in menschlicher Sprache Termine und Raumbuchungen organisiert und die Bedingungen dementsprechend anpasst.

Automation in anderen Branchen kein Thema

Während die Wohnungswirtschaft beim Thema Künstliche Intelligenz anderen Branchen noch hinterherhingt, kommen in deutschen Unternehmen, laut einer KI-Studie von Deloitte vergangenen Jahres, praktisch alle Varianten von AI-Technologie zum Einsatz. Besonders verbreitet sind bisher insbesondere Process Robotics und Regelbasierte Systeme, die in jeweils 67 Prozent der befragten Unternehmen genutzt werden. Allerdings wird Künstliche Intelligenz in Deutschland eher bevorzugt als Service oder als Teil von Software-Lösungen genutzt und bisher überwiegend auf Abteilungsebene umgesetzt. An einer gesamtheitlichen Unternehmenssichtfehlt fehlt es noch oft. Dabei können durch die Optimierung insbesondere auch in der Wohnungswirtschaft Kosten eigespart werden, während durch präzise und zuverlässige Automatisierungen die Sicherheit steigt. Techem CSO Nicolai Kuß betont hier die Dringlichkeiten zu digitale Maßnahmen zu greifen: „In der Immobilienbranche muss der Einsatz digitaler Technologien und künstlicher Intelligenz schnellstmöglich Einzug halten, beispielsweise durch Einsatz von digitaler Verbrauchserfassung, intelligenter Heizungs-, Steuerungs- und Messtechnik oder der Einbindung von Ladestationen für Elektromobilität“. Auf europäischer Ebene wird diesbezüglich die Bewertung der technologischen Fähigkeit eines Gebäudes und damit der Einsatz eines Smart Readiness Indicators diskutiert, um für den Einsatz smarter Lösungen einen wichtigen Impuls zu geben. Dieser soll die Fähigkeit eines Gebäudes bewerten, mit Nutzer und Netz zu interagieren sowie dessen Betrieb energieeffizient zu regeln.

Architektur
Mit dem geplanten „Smart Readiness Indicator“ soll ein Gebäude künftig nach dem Grad seiner Energieeffizienz und der Interaktion mit Nutzer und Netz bewertet werden.
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Vernetzung und Sektorenkopplung für die Energiewende

Auf dem Weg zur Klimaneutralität spielen nicht nur der Einsatz, auch die Kontrolle und Überwachung der zunehmenden Effizienzanforderungen zum Gelingen der Energiewende eine wichtige Rolle. So erfordert die Vernetzung der einzelnen Sektoren Strom, Verkehr und Wärme im Rahmen der Sektorkopplung eine zunehmende Messung, Steuerung und ein Monitoring der einzelnen Energieflüsse. Hier könnte ein digitales Monitoring zur Überprüfung des Vollzugs in Echtzeit genutzt werden. Außerdem ermöglicht die Digitalisierung eine optimale Verbrauchsinformation in Echtzeit und kann so zur Verringerung des Energieverbrauchs führen. Auch die Gebäudeautomation in Gewerbeimmobilien und die Ausstattung von Heizungsanlagen mit elektronischer Überwachungs- und Steuerungsfunktion in Wohngebäuden haben noch ein enormes energetisches Potenzial nach oben. Hier erzielen schon verhältnismäßig geringe Investitionen sehr viel Einsparpotenzial. Matthias Hartmann fordert daher, die Politik sollte die aufgezeigten Vorzüge digitaler Anwendungen zum Anlass einer Prüfung nehmen, inwiefern bei den bisherigen Arbeits- und Geschäftsprozessen branchenübergreifend stärker auf Digitalisierung gesetzt werden kann. „Ein Monitoringprozess unter Beteiligung von Unternehmern und Verbänden muss zum Voranbringen der Digitalisierung aufgesetzt werden“, appelliert Matthias Hartmann weiter und warnt gleichzeitig: „Ein jetziges Verschieben der Klimaziele würde nur dazu führen, dass die Erfüllung der Anforderungen, bis 2050 weitgehend klimaneutral zu werden, immer schwieriger und teurer werden wird.”


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