Smarte Beleuchtung

Wo Licht ist, ist auch Internet

26. November 2020, 8:07 Uhr |
© Aleksandr Khakimullin-123rf

Internet via Licht? Mit Light Fidelity ist das kein Problem. Die drahtlose Kommunikation über modulierte Lichtwellen stellt bewährte Datenübertragungstechnologien mitunter in den Schatten. Entsprechend verheißungsvoll muten erste Pilotprojekte an.

Neue beziehungsweise innovative Technologien erweisen sich besonders dann als reizvoll für Gesellschaft und Wirtschaft, wenn sich mit bewährten Mitteln völlig neue Anwendungsfelder auftun. So geschehen mit Light Fidelity, kurz LiFi. Das Prinzip ist denkbar einfach: drahtlose Datenübertragung via Licht. Konkret wird dies durch An- und Ausschalten spezieller Leuchtdioden (LEDs) bewerkstelligt. Als Empfänger fungieren sogenannte Fotodioden, mit denen die Lichtsignale in elektrische Impulse umgewandelt werden. 2013 wurden auf diese Weise unter Laborbedingungen erstmals 10 Gigabit pro Sekunde, jüngst sogar Geschwindigkeiten von circa 224 Gigabit pro Sekunde, erzielt. Damit sind Light-Fidelity-Netzwerke um ein Vielfaches schneller als jedes elektromagnetische WiFi-System, mit denen sich Daten mit bis zu 100 MBit/s transferieren lassen. „LiFi ist eine Technologie zur drahtlosen Datenübertragung mittels Licht und bietet die Möglichkeit, Übertragungszeiten im Mikrosekundenbereich zu realisieren. Zudem ist die Datenverbindung mit LiFi zuverlässig und bietet eine gleichbleibende Qualität“, resümiert Alexander Noack, Entwicklungsleiter am Fraunhofer IPMS. Für die echtzeitfähige und deterministische drahtlose Datenkommunikation sei LiFi daher seiner Meinung nach ein ideales Medium.

LiFi wartet – abgesehen von der Geschwindigkeit – mit noch weiteren Vorteilen auf. Das Spektrum der Radiowellen beispielsweise, die bislang für die Datenübertagung genutzt werden, ist begrenzt. „Wegen dieser Limitierung ist es durch die Nachfrage und die Menge der Daten, die wir versenden, überfordert“, sagte LiFi-Begründer Harald Haas bei einem TED-Talk. „Das Spektrum wird einfach knapp.“ Lichtwellen hingegen können im Gegensatz zu elektromagnetischen Wellen auf ein um den Faktor 1.000 größeres Spektrum zur Übertragung von Signalen aufsetzen. „Das heißt, es hat keinen Einfluss auf die Qualität der Verbindung, wenn mehrere Menschen gleichzeitig darauf zugreifen“, ergänzt Jörg Benze, Consultant bei T-Systems Multimedia Solutions. Die Technologie stellt somit eine interessante Zukunftslösung dar, wenn man davon ausgeht, dass sich die Kapazitäten an freien Radiofrequenzen bis 2025 erschöpft haben. So prognostiziert Global Market Insights, dass der LiFi-Markt bis 2025 einen Wert von 75 Milliarden US-Dollar haben wird, was den verwandten Branchen breite und weitreichende Möglichkeiten biete, von Light Communications zu profitieren.

Vor- und Nachteile der Technologie

Eines setzt LiFi allerdings immer voraus: Zwischen Sender und Empfänger muss zwingend eine Sichtverbindung ohne Hindernisse, eine sogenannte Line of Sight, bestehen. Während elektromagnetische Wellen durch Wände dringen und ein WiFi-Hotspot leicht mehrere Räume versorgen kann, ist das bei LiFi nicht ohne Weiteres möglich. Hier müsste etwa Büro für Büro mit der Technologie ausgerüstet sein. Und das auch derart, dass der Nutzer beim Arbeiten mit einem mobilen Gerät nicht permanent die Verbindung verliert, wenn er beispielsweise mit Tablet oder Smartphone hantiert. Auch muss das Licht stets eingeschaltet sein, wobei die Datenübertragung auch dann möglich ist, wenn man die Lampe soweit runter dimmt, dass das menschliche Auge kein Licht mehr wahrnimmt. Die freie Sicht zur Quelle muss jedoch nicht zwangsweise ein Nachteil von LiFi sein: Da Licht feste Objekte nicht durchdringt, kann die Datenübertragung auf einen Raum beschränkt werden. Befürworter der Technologie sehen darin einen Vorteil in Sachen Datenschutz. Sind WiFi-Netzwerke Angriffspunkte für Hacker, haben Dritte bei LiFi nur dann Zugriff auf ein System, wenn sie sich in einem Raum mit dem LiFi-Hotspot aufhalten, denn die Reichweite von LiFi liegt bei nur wenigen Metern.

Ein weiterer Pluspunkt der Technologie ist ihre relativ geringe Störanfälligkeit: Wo sich WiFi-Netzwerke gegebenenfalls auf Bändern und Kanälen in die Quere kommen und ausbremsen, bietet der Hotspot mit LiFi jedem Endgerät immer optimalen Empfang mit voller Bandbreite. „Ein Vorteil der Technologie“, sagt Noack. „Außerdem ist es denkbar, Daten nur unidirektional zu senden, um große Datenmengen auf einmal an eine Nutzergruppe zu übertragen.“ Auch auf austauschbaren Leiterplatten, wie sie etwa in jedem elektronischen Gerät verbaut sind, soll LiFi nach Meinung des Fraunhofer-Instituts Einzug halten. Denn Platinen sind bislang über Hochfrequenz-Kabel und mechanisch-fragile Stecker miteinander verbunden. Ein Fakt, der die Lebensdauer der Module begrenzt, wenn sie ausgewechselt und neu verbunden werden sollen. Die kabellose Lösung seien LiFi-Module, die sich direkt auf den Platten verlöten lassen.

Was LiFi ebenfalls zugute kommt ist, dass von ihr keine hochfrequente, elektromagnetische Strahlung ausgeht. Besonders interessant ist dies für Orte, an denen kein Funk verwendet werden darf, wie zum Beispiel in Flugzeugen oder Krankenhäusern. Last but not least sollte man nicht vergessen, dass sich mit LiFi gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen lassen: Beleuchtung und Datenübertragung in Kombination. Das birgt enorme Potenziale für die Beleuchtungsindustrie. Auch ist der Installationsaufwand bei der technischen Infrastrukturausstattung von Räumlichkeiten denkbar gering.

Jede Lichtquelle ist ein potenzieller Access Point

Grundsätzlich – und das ist einer der entscheidenden Pluspunkte der Technologie – kann die Datenübertragung per Licht überall dort genutzt werden, wo auch Licht vorhanden ist. Somit ergeben sich komplett neue Möglichkeiten, Endgeräte zu verknüpfen: Jede Straßenlaterne könnte ein potenzieller Zugangspunkt zu schnellem Internet sein. Autos könnten über die Scheinwerfer miteinander kommunizieren und den Straßenverkehr noch sicherer gestalten. Aber auch für den Otto-Normal-Verbraucher ließen sich mit der Technologie – zum Beispiel im Flugzeug oder dem Krankenhaus – einige Anwendungsszenarien mit Komfortzugewinn andenken.

Hinzu kommt, dass LiFi eine Antwort auf den zunehmenden „Datenhunger“ unserer Zeit liefert. Es ist absehbar, dass das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) künftig deutlich höhere Anforderungen an Datenraten, Zuverlässigkeit und Latenz drahtloser Verbindungen stellen wird. Wenn viele zukünftige IoT-Geräte auf engem Raum kommunizieren, wird sich der Bedarf an Übertragungsfrequenzen viel schneller erhöhen als bisher angenommen. Höhere Anforderungen an drahtlose Netze dürfte es auch durch softwaregesteuerte Produktion geben (Industrie 4.0), durch virtuelle und erweiterte Realität sowie autonomes Fahren. Auch dafür könnte LiFi genutzt werden. Industrial Wireless, IoT, Mobile Back- and Fronthauling, Indoor LiFi und Vehicle-to-Vehicle LiFi sind demnach mögliche Einsatzfelder der Technologie. Weitere sind, wie zuvor erwähnt, vernetzte Straßenleuchten (Smart City), Unterwasser-Anwendungen, in medizinischen Einrichtungen und im Flugzeug. Doch allen Vorteilen zum Trotz: Light Fidelity sollte nicht als alleiniges Allheilmittel des wachsenden Datenverkehrs gesehen werden. Dafür bietet es zu spezielle Charakteristika wie die bereits genannte benötigte Line of Sight. Generell lässt sich festhalten, dass sich der Einsatz von LiFi komplementär zum Funk überall dort anbietet, wo eine höhere Nutzerdichte mehr Kapazität erfordert. Alle Anwendungsmöglichkeiten machen im kommerziellen Roll-out allerdings erst dann Sinn, wenn sich die Technologie am Markt etabliert hat und es auch möglich ist, LiFi-Equipment zu erwerben.


  1. Wo Licht ist, ist auch Internet
  2. Potenzielle Anwendungsfelder
  3. Spotlight: LiFi-Vorreiter

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