Studie zu Kaufentscheidung

Verbraucher akzeptieren höhere Preise für nachhaltige Geräte

29. Juli 2022, 8:32 Uhr | Lukas Steiglechner
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Die gfu Consumer & Home Electronics hat zusammen mit der Strategieberatung Oliver Wyman in einer Studie untersucht, inwiefern nachhaltige Aspekte von Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik die Kaufentscheidung beeinflussen. Ein Ergebnis: Es wird mehr gezahlt, wenn sich Energie sparen lässt.

VerbraucherInnen setzen mehrere Kriterien an, wenn es um den Kauf neuer Haushaltsgeräte und Unterhaltungselektronik geht. Dabei ist nicht nur der Preis, sondern auch die Nachhaltigkeit der Produkte entscheidend. In einer gemeinsamen Studie haben die gfu Consumer & Home Electronics und die internationale Strategieberatung Oliver Wyman die Fragestellung diesen Kriterien untersucht. Die zentrale Erkenntnis: KonsumentInnen akzeptieren höhere Ausgaben für umweltfreundlichere Geräte besonders dann, wenn diese das Haushaltsbudget nach dem Kauf durch einen geringeren Verbrauch von Strom oder Wasser entlasten.

Der stärkste Anreiz für die Akzeptanz von Mehrkosten beim Erwerb der sogenannten weißen und braunen Ware ist laut der Erhebung das Energiesparen. Demnach sind KonsumentInnen bereit, für eine um zwei Stufen höhere Energieeffizienzklasse durchschnittlich 36 Prozent mehr auszugeben als für ein ansonsten identisches Gerät. Für eine energieeffizientere Waschmaschine würden sie sogar bis zu 160 Euro, beziehungsweise 47 Prozent, mehr zahlen, verglichen mit einem durchschnittlichen Basispreis von 340 Euro. Für die Herstellergarantie, dass ein Gerät repariert werden kann und nötige Ersatzteile zur Verfügung stehen, akzeptieren VerbraucherInnen einen Preisaufschlag von 25 Prozent.

„Die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher:innen ist vor allem dann höher, wenn sie auch selbst einen finanziellen Vorteil haben. Gerade für eine Waschmaschine oder einen Kühlschrank sind Verbraucher:innen durchaus bereit, 200 Euro mehr auszugeben, wenn sie dafür ein Gerät der Energieeffizienzklasse C statt E erhalten“, erläutert Martin Schulte, Partner und Konsumgüterexperte bei Oliver Wyman. Angesichts zunehmend höherer Energiekosten wächst der Vorteil für sparsame Technik. „Die steigenden Energiepreise sorgen dafür, dass sich zusätzliche Ausgaben für energieeffizientere Haushaltsgeräte und Unterhaltungselektronik deutlich schneller amortisieren“, so Dr. Schulte weiter.

Energieintensive Geräte im Fokus

Besonders hoch ist die zusätzliche Zahlungsbereitschaft bei energieintensiven Geräten – allen voran bei Waschmaschinen und Kühlschränken. Mit deutlichem Abstand folgen Fernseher. Bei Staubsaugern hingegen steigert vor allem die Möglichkeit einer Reparatur die Zahlungsbereitschaft. „Immer mehr Verbraucher:innen erwarten eine höhere Langlebigkeit von Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten“, erläutert Sara Warneke, Geschäftsführerin der gfu. „Hersteller sind im Vorteil, wenn sie Reparaturdienste anbieten und Ersatzteile auch langfristig verfügbar machen.“ Wenig zusätzliche Zahlungsbereitschaft offenbarte die Befragung bei Attributen, die keine direkten finanziellen Vorteile für VerbraucherInnen versprechen. Die zusätzliche Zahlungsbereitschaft für CO2-neutrale oder sozialverträgliche Produktion, genau wie für eine bessere Recyclingfähigkeit, liegt demnach lediglich bei etwa zehn Prozent.

Schwer tun sich die KonsumentInnen bei der Frage, wie viel Geld sie durch den Wechsel in eine höhere Energieeffizienzklasse sparen. Ein Kühlschrank der Klasse C beispielsweise verringert die Energiekosten im Vergleich zum Gerät der Klasse E im Schnitt um 32 Euro pro Jahr. Die Schätzungen der in der Studie befragten Personen bewegten sich dagegen vor allem zwischen elf und 25 Euro. „Vielen Menschen ist offenbar nicht klar, wie stark energieeffiziente Geräte das Haushaltsbudget entlasten können“, sagt Warneke. „Für die Nachhaltigkeits-Vorreiter unter den Herstellern ist das ein guter Ansatzpunkt zur Ansprache von Verbraucherinnen und Verbrauchern.“ Als aufgeschlossenste Zielgruppe erwiesen sich hier Personen über 35 Jahre mit einem monatlichen Nettoeinkommen von mehr als 3.000 Euro. „Die Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Technik nimmt mit wachsendem Alter und verfügbarem Einkommen zu“, erläutert Warneke.

Gebrauchtgeräte liegen im Trend

Ebenfalls abgefragt hat die Studie die generelle Einstellung zu Fragen der Umwelt- und Sozialverträglichkeit. Fast zwei Drittel der TeilnehmerInnen bezeichneten ihren Lebensstil als nachhaltig. „Die Studie zeigt eine Diskrepanz zwischen der allgemeinen Selbstwahrnehmung in puncto Nachhaltigkeit und der Bereitschaft, dafür auch im Alltag einen finanziellen Einsatz zu leisten“, sagt Konsumgüterexperte Schulte. Besonders leicht fällt den VerbraucherInnen ein nachhaltiges Verhalten, wenn sie schon bei der Anschaffung Geld sparen können. Laut Studie gewinnen generalüberholte Geräte – auch „refurbished“ genannt – an Beliebtheit. Beim Kauf eines Smartphones zieht die Hälfte der Befragten solche Gebrauchtgeräte in Betracht, knapp ein Drittel hat sie bereits erworben. Doch auch bei Waschmaschinen oder Kaffeemaschinen wächst das Interesse. „Die zentrale Motivation für die Anschaffung von Refurbished-Geräten ist, dass sie günstiger sind“, sagt Schulte. „Nachhaltigkeits-Erwägungen spielen eine untergeordnete, aber dennoch bedeutsame Rolle.“

Inflation gefährdet Interesse an Nachhaltigkeit

Zur Gefahr für die Hersteller nachhaltigerer und damit teurerer Geräte könnte eine anhaltend hohe Inflation werden. In der Studie gab die weit überwiegende Mehrheit der Befragten an, dass der Anstieg der Teuerungsrate bereits Auswirkungen auf ihr verfügbares Einkommen hat. Rund ein Drittel von ihnen würde sich deshalb beim nächsten Elektrogerätekauf für ein günstigeres Modell entscheiden. Allerdings zeigte sich, dass zugleich knapp ein Sechstel der Teilnehmenden bereit ist, mehr für eine höhere Modellklasse auszugeben. „Hier gibt die Betrachtung der langfristig niedrigeren Nutzungskosten gegenüber kurzfristigen Einsparungen beim Kauf den Ausschlag“, erläutert Schulte. „Die Industrie kann mehr Verbraucher:innen von nachhaltigen Geräten überzeugen, wenn sie diese finanziellen Vorteile stärker in den Fokus rücken.“


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