Touch vs. Voice

Mit Sprachinterfaces Altershürden überwinden

6. August 2020, 15:41 Uhr | Autorinnen: Julia Saswito und Maria Müller / Redaktion: Diana Künstler
Sprachbefehle vereinfachen das Leben von Senioren enorm, dient doch Voice-Technologie als praktische Hilfestellung. Für kleine Kinder geht es bei Voice-Skills hingegen eher um Spaß und Zeitvertreib.
© Dean Drobot-123rf

Interaktionsmodi von Senioren und Kindern: Wie Sprachinterfaces helfen können, Altershürden erfolgreich zu überwinden.

 „Alexa, erinnere mich um 18 Uhr an meine Medizin!“ oder „Alexa, in welchen Ländern leben Löwen?“ Sprachtechnologie ermöglicht, was klassischen Schnittstellen nicht gelingt: Sie schaffen einen Zugang zu digitalen Angeboten – für all diejenigen, die noch nicht oder nicht mehr per Bildschirm und Tastatur kommunizieren können. Der rüstige Rentner Reinhard will seine Frau Annegret mit einem selbstgebackenen Kuchen überraschen. Was zunächst nach einer netten Nachmittagsaktivität aussieht, kann für jemanden, der nicht mehr gut sieht oder zittrige Hände hat, schnell zur Herausforderung werden. Stehen im Rezept 200 oder 300 Gramm Zucker? Pinch-to-zoom auf dem Tablet erweist sich als schwierig, wenn die Finger voller Teig sind…

Mit zunehmendem Alter verschlechtern sich unsere Sinne, speziell das Sehvermögen leidet. So fällt es Senioren mitunter schwer, digitale Schnittstellen und Services zu nutzen. Und zwar nicht nur solche, bei denen man via Maus und Tatstatur kommuniziert, sondern auch ein Touch-Screen wird zur Hürde. Während Tippen oder Swipen gelernt und verstanden sein will, läuft ein anderer Interaktionsmodus ganz intuitiv und natürlich ab: das Sprechen. Sprachtechnologie fungiert folglich als altersunabhängige Schnittstelle. Aber nicht nur Senioren kommunizieren problemlos mit Siri, Alexa & Co. – auch kleine Kinder tun es. Lesen und Schreiben zu können wird so – zumindest in diesem Fall – zur Nebensache.

Voice-Nutzungskontext variiert – je nach Alter
Sprachbefehle vereinfachen das Leben von Senioren enorm, dient doch Voice-Technologie als praktische Hilfestellung: Sie erinnert an die Medikamenteneinnahme, erstellt einen Einkaufszettel oder führt Schritt für Schritt durch die Bedienungsanleitung der neuen Kaffeemaschine. Für kleine Kinder geht es bei Voice-Skills hingegen eher um Spaß und Zeitvertreib: Das Lieblings-Kinderlied oder ein Paw Patrol-Hörspiel starten und auf Endlosschleife stellen, Pups-Geräusche oder Tierlaute – Kinder beschäftigen sich gerne mit Alexa & Co. Oft nur zum Spaß.

Erfolgsfaktoren altersspezifischer Sprachanwendungen
Unabhängig davon, ob das Gegenüber nun fünf oder 85 Jahre alt ist: Eine Sprachanwendung nimmt Befehle entgegen und beantwortet Fragen. Je nach Alter erwartet der Anwender einen sinnvollen Mehrwert in Form von informativen Inhalten und einem intuitiv bedienbaren Skill oder spannende, witzige Unterhaltung. Hier kommen Voice-User-Interface Experten ins Spiel. Um im Auftrag von Unternehmen eine altersspezifische Sprachanwendung zu konzipieren und zu realisieren, sollten Voice-User-Interface Designer und Entwickler Antworten und Lösungen auf folgende Fragen finden:

1. Wen adressiert die Sprachanwendung und zu welchem Zweck?
Der Nutzungskontext, die angebotenen Inhalte und die Vorteile einer Sprachanwendung entscheiden oft über ihren Erfolg oder Misserfolg. Wissen vermitteln und im Alltag zu unterstützen, Unterhalten oder Kreativität anregen – je klarer Inhalt und Interaktionsmodus auf das entsprechende Ziel ausgerichtet sind, desto besser nimmt die jeweiligen Zielgruppe die Anwendung an.

Eine gründliche Recherche ist dabei ein Muss, um Nutzer- und so genannte Botpersonas dezidiert ausarbeiten sowie User Journeys entwickeln zu können. Eine User Journeys bezieht etwa auch den Gemütszustand eines Anwenders mit ein und kann daher je nach Kontext und Art des Skills anders verlaufen: Kommt das Kleinkind gerade von einem langen Tag im Freizeitpark nach Hause? Oder saß es wegen Regenwetters den halben Vormittag vor dem Fernseher und soll nun dazu motiviert werden, sich zu bewegen?

2. Wie reagiert der Anwender potenziell auf einen Sprachskill?
Ein vierjähriges Kind adressiert eine Voice-Anwendung auf Basis eines anderen Wissenstands als ein sprachgewandeter, belesener Silver Surfer. Dies gilt es einzukalkulieren. Ein Beispiel: Die etwa fünfjährige Nutzerin soll erraten, welches der folgenden Dinge man nicht essen kann – A: Brot, B: Joghurt, C: Spülmittel. Klar, dass die korrekte Antwort “Spülmittel” lautet. Wenn das System jedoch erwartet, dass das Kind mit “C” antwortet, ist es nicht alters- beziehungsweise kindgerecht konzipiert. Erkenntnisse aus gängigen Lerntypen- und Entwicklungsmodellen helfen dabei, solche vermeidbare Fehler von vorneherein zu umgehen: Ein Blick auf das klassische Modell der kognitiven Entwicklungsphasen von Kindern nach Piaget zeigt etwa, dass Kinder im Stadium der präoperationalen Intelligenz häufig noch statisch, intuitiv und nicht logisch denken und damit Gehörtes falsch interpretieren oder nicht korrekt wiedergeben. Informationen über die Mediennutzung und -vorlieben der jeweiligen Altersgruppe sollten ebenfalls in die Entwicklung einer Anwendung einfließen.


  1. Mit Sprachinterfaces Altershürden überwinden
  2. Multimodalität, Sprachbesonderheiten und passende Tonalität

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Reply Deutschland SE

Matchmaker+