Energiewende

Grüner Wasserstoff made in Wunsiedel

30. September 2022, 13:32 Uhr | Lukas Steiglechner
Nach dem Spatenstich im Juli 2021 ist nun die Siemens-Anlage für die Produktion von grünem Wasserstoff in Wunsiedel fertiggestellt worden. Sie erweitert den dortigen Energiepark, der bereits die Versorgung mit regenerativen Energien sicherstellt.
© Siemens AG

Wasserstoff birgt gewaltiges Potenzial – für die Industrie, für die Mobilität oder auch als Speichermedium. In der oberfränkischen Stadt Wunsiedel ist nun eine der größten Anlagen für grünen Wasserstoff in Betrieb genommen worden. Technologiepartner Siemens sieht in der Gemeinde ein Zukunftskonzept.

Am 14. September 2022 hat eine der größten Anlagen für die Produktion von grünem Wasserstoff in Deutschland ihre Arbeit aufgenommen. Der Wasserstoff wird aus Sonnen- und Windkraft erzeugt, bis zu 1.350 Tonnen pro Jahr sollen möglich sein. Insgesamt verfügt die Anlage über eine elektrische Leistung von 8,75 Megawatt.

Siemens, Wunsiedel, Anlage für grünen Wasserstoff
Die Anlage für die Erzeugung von grünem Wasserstoff verfügt über eine elektrische Leistung von 8,75 Megawatt. Sie soll jährlich 1.350 Tonnen Wasserstoff herstellen können.
© Siemens AG

Aber schon vor der Inbetriebnahme hat sich Wunsiedel als ein Vorzeigeort für nachhaltige Energieversorgung hervorgetan. Die Stadt nutzt bereits heute zu 100 Prozent klimaneutrale Energie und ist Selbstversorger in den Bereichen Strom und Wärme. Eine perfekte Voraussetzung für das nächste Großprojekt. In der oberfränkischen Kreisstadt – mit etwa 10.000 EinwohnerInnen – haben Stadtwerke, PolitikerInnen und das Unternehmen Siemens gemeinsam das Energiekonzept für die Anlage entwickelt. Sonnen- und Windkraft liefern Energie für den Betrieb. Im Elektrolyseur „Silyzer 300“ mit PEM-Technologie („Proton Exchange Membrane“, Protonen-Austausch-Membrane) wird destilliertes Wasser durch elektrischen Strom in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Vorhandene Batteriespeicher und naheliegende Industriebetriebe wie etwa das benachbarte Sägewerk sollen künftig mit der Anlage vernetzt werden und so den abgespaltenen Sauerstoff und die entstandene Abwärme nutzen. Der erzeugte Wasserstoff ist hingegen für den Einsatz in Mobilitätskonzepten, Industriebetriebene und im Energiesektor in der Region gedacht. Denn am nachhaltigsten ist der grüne Wasserstoff laut den Projektverantwortlichen, wenn Produktion und Verbrauch möglichst nahe beieinander liegen, um Transportwege kurz zu halten. Daher befinden sich die Kunden in einem Umkreis von etwa 150 bis 200 Kilometern.

Bürgermeister Nicolas Lahovnik nannte Wunsiedel bei der Inbetriebnahme der Wasserstoffanlage eine Blaupause der Energiezukunft. Und auch Siemens-Vorstandsmitglied und CEO Smart Infrastructure Matthias Rebellius sieht in der oberfränkischen Kleinstadt einen Beweis dafür, „wie Weitblick und Eigeninitiative in Kombination mit der richtigen Technologie und Finanzierung die Entwicklung einer CO2-freien Energieversorgung vorantreiben können“. Siemens Smart Infrastructure verantwortet bei dem Projekt die Errichtung der Gesamtanlage sowie den Aufbau eines intelligent überwachten und gesteuerten Energienetzes. Siemens Financial Services ist außerdem an der Finanzierung beteiligt und hält Anteile an der Betreibergesellschaft WUN H2.

Wandel des Energiesystems

Siemens, Matthias Rebellius
Matthias Rebellius, Siemens-Vorstandsmitglied und CEO Smart Infrastructure, sagte bei der Inbetriebnahme der Wasserstoffanlage: „Große, fossile Kraftwerke und eine zentrale Energieversorgung – das war gestern.“
© Siemens AG

Um die Energiewende voranzutreiben, sind Synergieeffekte wie in Wunsiedel nötig. Die Festspielstadt erreicht über das neue Konzept die Vernetzung verschiedener Sektoren wie Energie, Wärme und Mobilität. Matthias Rebellius sieht in der Wasserstoffanlage den Wandel des Energiesystems. Bei der Inbetriebnahme erklärte er: „Große, fossile Kraftwerke und eine zentrale Energieversorgung – das war gestern.“ Für eine moderne Energieversorgung brauche es stattdessen „lokale, dezentrale Systeme und eine regenerative Erzeugung“.

Der Wasserstoff soll aber nicht nur als Rohstoff dienen, sondern auch als Langzeitspeicher. Vorhandene elektrische Energie findet in seiner Herstellung Verwendung. Diese kann somit im Wasserstoff gelagert und zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden. So sollen sich beispielsweise Netzengpässe entschärfen sowie mehr Flexibilität für das Stromnetz erzielen lassen. Als klimaneutraler Energieträger und als Speichermedium nimmt Wasserstoff grundsätzlich an Bedeutung zu. Der Weltenergierat hat in seiner Studie „International Hydrogen Strategies“ gezeigt, dass sich die weltweite Nachfrage im Jahr 2050 auf rund 270 Millionen Tonnen pro Jahr belaufen könnte. Wunsiedel hat hier einen Grundstein gelegt – eine Erweiterung der Anlage auf 17,5 Megawatt ist bereits im Gespräch.


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