Consumer Electronics

"3D-Audio-Lösungen machen jetzt schon einen Unterschied"

10. Mai 2021, 13:59 Uhr | Interview: Diana Künstler
© Harman

Anfang 2021 ist Harman mit einer eigenen Headset-Serie in den wachsenden Markt für 3D-Sound-Produkte eingetreten. Mit proprietären Audioalgorithmen möchte man neue Standards in der Branche setzen. Was Nutzer erwarten dürfen und wie wichtig für Hersteller ein guter Draht zu Content-Anbietern ist.

Der weltweite Markt für 3D-Audio wächst. So das Ergebnis einer Marktanalyse von Fortune Business Insights. Demnach entsprach das Marktvolumen für derartige Produkte im Jahr 2018 einem Wert von 3,8 Millarden US-Dollar und wird voraussichtlich bis 2026 an die 13 Millarden US-Dollar erreichen. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumrate von 16,9 Prozent während des prognostizierten Zeitraums. Dabei unterscheiden die Analysten mit Blick auf die Hardware die Kategorien Lautsprecher, Kopfhörer, Mikrofone, Soundbars und andere wie Leistungsverstärker und AC-Controller. Unter diesem Gesichtspunkt wird aber vor allem erwartet, dass das Kopfhörersegment im Prognosezeitraum am stärksten wachsen wird.

Harman 3D-Audio Ebenen
Immersive Sound lässt sich am ehesten als "Surround Sound mit zusätzlicher Höhenebene" beschreiben. Dabei fügt man die bisher fehlende und finale Dimension der Höhe in der Soundwiedergabe hinzu. Einige Hersteller setzen für den idealen 3D-Sound auf ein System aus drei Layern: der Surround-, Upper- und Overhead-Ebene, letztere auch gerne als "Voice of God"-Layer bezeichnet.
© Harman

Smarthouse Pro hat mit Alfredo Fernandez Franco ein Interview geführt. Er ist Experte für Immersive Audio Engineering bei Harman und Mitentwickler der "JBL Quantum"-Serie. Harman, seit März 2017 eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Samsung Electronics, entwickelt und produziert vernetzte Produkte und Lösungen für Autohersteller, Endkunden und Unternehmen weltweit. Dazu zählen unter anderem Connected-Car-Lösungen, Audio- und visuelle Produkte, Automatisierungslösungen sowie Connected Services. Zahlreiche Premiummarken laufen unter dem Dach des Herstellers: darunter AKG, Infinity, Mark Levinson oder JBL, die dieses Jahr ihr 75-jähriges Jublliäum feiert.

Smarthouse Pro: Mono, Stereo und nun 3D-Audio? Könnte man so – salopp gesprochen – die Weiterentwicklung im Audio-Umfeld beschreiben? Oder was genau ist unter Immersive Audio zu verstehen?

Alfredo Fernandez Franco: Das beschreibt die Entwicklung von Audiotechnologie schon ziemlich gut, wobei ich finde, dass der Begriff 3D-Audio zu weit gefasst ist. Eigentlich kann man bereits über einen Mono-Lautsprecher in 3D hören. Der Sound wird von den Wänden, dem Boden und der Decke reflektiert: Dadurch können wir als Zuhörer abschätzen, wo sich die Geräuschquelle befindet, wie weit der Lautsprecher entfernt ist und ob er sich über- oder unterhalb unserer Hörebene befindet. Trotzdem ergibt sich daraus nicht das Gefühl, komplett in das Hörerlebnis einzutauchen. Somit beschreibt „Immersive Audio“ besser, was wir erreichen wollen. Eine 7.1-Surround-Anlage ermöglicht eben genau dieses Gefühl des Eintauchens in das Klangerlebnis schon eher. Das lässt sich dann immer weiterrechnen: Bei einer 9.1.4-Anlage, wo neben neun Surround-Lautsprechern und einem Subwoofer vier zusätzliche Höhenlautsprecher hinzugefügt werden, wird die Erfahrung immer umfassender und immersiver. Und durch die zusätzlichen Overhead-Lautsprecher kann man dann sogar die Schallquellen oberhalb der Hörebene wahrnehmen. Die Immersion wird dementsprechend immer stärker, je mehr Lautsprecher oder virtuelle Quellen involviert sind. Jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt, ab dem zusätzliche Lautsprecher nur noch einen zunehmend geringeren Nutzen in Bezug auf das Eintauchen in das Hörerlebnis haben.

Neben Immersion spielt noch ein weiterer Punkt eine wichtige Rolle, nämlich die Genauigkeit der Lokalisierung der Audioquelle, das heißt wie präzise die virtuelle Quelle eines Geräusches oder Tons im Raum wahrgenommen werden kann. Wenn eine Jazzaufnahme auf einer Stereoanlage abgespielt wird, kann man sich ungefähr vorstellen, wo sich die Instrumente zwischen den Lautsprechern befinden. Vergleicht man das jetzt mit einem vollständig objektbasierten Audiomix mit aktiver Bewegungsverfolgung des Zuhörers, könnte man hier sogar um die Musiker herumgehen und sich einem speziellen Instrument nähern, das dann im Vergleich zu den anderen intensiver wahrgenommen wird.

Smarthouse Pro: Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Immersive Audio gerade jetzt als Trendtechnologie gehypt wird?

Franco: Immersives Audio benötigt Rechenleistung und Technologien, die bis vor Kurzem sehr teuer waren. Auch der Zugriff auf passende Inhalte war bisher in der Breite nicht gegeben. Das ändert sich gerade. Vor allem die Gaming-Industrie ist schon seit langem Vorreiter, wenn es um immersive Audioinhalte geht. Die Audio Engine eines Videospiels ist ein sehr komplexes Mixing-System, das mit der Physik-Engine des Spiels gekoppelt ist. Die Positionen jeder Soundquelle und der Zuhörer, also der Spieler, sind innerhalb eines 3D-Raums eindeutig festgelegt und können beim Abmischen des Sounds mit einbezogen werden. Noch vor Kurzem wurde der Sound auf maximal Surround Sound abgemischt, obwohl der Ton in 3D produziert wurde. Dabei gingen natürlich viele Informationen über die Positionen der Soundquellen verloren. Jetzt haben wir sowohl die Rechenleistung als auch die Hardware, damit wir alle uns zur Verfügung stehenden Informationen verarbeiten können, um fesselnde, immersive Audioerlebnisse zu schaffen.


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